90% aller Radwege in Berlin nicht kindersicher / Aktion „Bärchen gegen Brummis“

Von | 6. Dezember 2016

Aktion „Bärchen gegen Brummis“ für kindersichere Radwege in Berlin / 90 Prozent der Radwege bei Umfrage der Berliner Morgenpost durchgefallen

Berlin, 6. Dezember 2016. Die Initiative Volksentscheid Fahrrad demonstriert am Mittwoch um 15:00 Uhr auf der Leipziger Straße für kindersichere Radwege. Hintergrund ist eine Umfrage der Berliner Morgenpost, nach der 90 Prozent der Berliner Radwege gemäß einer Definition von Staatssekretär Gaebler nicht kindersicher sind. Ein Aktivist im Bärenkostüm setzt die mitgebrachten Teddybären, Kuscheltiere und Ampelmännchen bei der Demo auf die Radstreifenmarkierung; so wird aus einem Strich Farbe, der keinen Schutz bietet, symbolisch ein kindersicherer Radweg, der von den Lkw- und Pkw-Spuren getrennt ist.

Im Mai hatte Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler (SPD) in einem Streitgespräch in der Taz sichere Radwege so definiert: wenn Eltern ihre Kinder dort alleine Fahrrad fahren lassen würden. Mit dieser Messlatte bat die Berliner Morgenpost ihre Leser, 50 Radwege in Berlin zu bewerten. Die Umfrage ist die erste Analyse der Radwegsicherheit für Kinder bundesweit. Mehr als 90 Prozent der Berliner Radwege sind als nicht (kinder-)sicher durchgefallen.

„Wir wollen schnellstmöglich unser Radgesetz in Kraft setzen, damit wir an allen Hauptstraßen kindersichere Radwege in Berlin bekommen“, sagt Heinrich Strößenreuther vom Volksentscheid Fahrrad. „Es ist ein Skandal, dass Kinder aus dem Straßenbild wegdiskriminiert werden, weil sie nicht sicher von A nach B radeln können.“

Sichere Radwege zeichnen sich durch einen physischen Schutz gegen den vorbeirauschenden Lkw- und Pkw-Verkehr aus. Eine schnelle und günstige Möglichkeit dafür ist, Parkstreifen und Radstreifen zu vertauschen: Der Radverkehr ist dann nicht mehr zwischen fahrenden und parkenden Kfz eingequetscht, sondern verläuft geschützt rechts vom Parkstreifen. So wurde der Radfahrstreifen zwischen der S-Bahn-Haltestelle Tiergarten und dem Großen Stern als sicherster Radweg Berlins mit 79 Prozent Zustimmung bewertet. Eine sichere Umgestaltung der Kreuzungen rundet das Konzept ab und verhindert die oft folgenschweren Rechtsabbiege-Unfälle mit Lastwagen. Tatsächlich haben nur die Hälfte der Berliner Hauptstraßen überhaupt Radwege.

„Heute Bärchen, morgen Schutz aus Beton gegen Brummis“, erklärt Dr. Tim Lehmann, Stadtplaner und Mobilitätsforscher. „Wenn wir klimaneutrale Mobilität wollen, müssen wir Jung, Alt und auch Vorsichtige aufs Rad bringen: Sichere Radwege sind das A und O dafür“.

Markierte Radspuren werden zu 93 Prozent als nicht kindersicher bewertet, für Radfahrer freigegebene Busspuren werden sogar zu 100 Prozent als nicht kindersicher wahrgenommen. Dagegen sind selbst alte Hochbord-Radwege besser, von denen 13 Prozent als kindersicher bewertet wurden. Bei ihnen muss aber das Kreuzungsdesign verbessert werden, damit die Gefahr durch Abbiegefehler minimiert wird. Dann werden daraus sicherere Wege.

„Wir brauchen eine handfeste bauliche Abtrennung der Radwege von den Autospuren. Ein Strich weißer Farbe schützt die schwächeren Verkehrsteilnehmer nicht gegen tonnenschwere Fahrzeuge“, sagt Daniel Pöhler, Radwege-Experte der Initiative Volksentscheid Fahrrad.

Angesichts der nach wie vor steigenden Unfallzahlen mit Verletzten oder gar Toten und dieser nicht akzeptablen Qualitätsbewertung Berliner Radwege will der Volksentscheid Fahrrad sein Engagement weiter aufrecht erhalten. Mit einer Spendenkampagne sollen drei Vollzeitstellen und Kosten wie Büromiete finanziert werden. Nach mehr als 100 Tagen ehrenamtlicher Arbeit will die Initiative Geld und frische Kräfte für den Verhandlungsendspurt im Frühjahr mobilisieren.

 

Weiterführende Links:

Die Detailauswertung aller 50 Straßen schicken wir auf Anfrage gerne zu (Download und Analyse vom 5.12.2016)

Zitat zur gemeinsamen Definition von sicheren Radwegen von Herrn Gaebler und Volksentscheid Fahrrad: http://www.taz.de/!5302658/

Original-Umfrage der Berliner Morgenpost, ob ein Radweg (kinder-)sicher sei: http://www.morgenpost.de/berlin/article207595355/Umfrage-Wie-sicher-sind-Berlins-Strassen-fuer-Radfahrer.html

Nur 50% der Berliner Hauptstraßen haben Radwege (Radwege-Check der Morgenpost): http://interaktiv.morgenpost.de/radwege-in-berlin/

Zusammenfassender Blog-Artikel: https://volksentscheid-fahrrad.de/2016/12/04/aktion-baerchen-gegen-brummis-fuer-kindersichere-radwege-2940/

Link zum RadGesetz RadG (siehe § 7(2) und Anhang S. 24 ff): https://volksentscheid-fahrrad.de/wp-content/uploads/2016/07/RadG_2016_07_12-Änderungen.pdf

Facebook-Post zur Aktion Brächen-gegen-Brummis: https://www.facebook.com/events/655045521334078/

Der Link zur gestarteten Fundraising-Kampagne bis Weihnachten: https://volksentscheid-fahrrad.de bzw. https://volksentscheid-fahrrad.de/spenden und mit den vielen www.volksentscheid-fahrrad.de/spenden-tipps

Informationen zum Volksentscheid Fahrrad: https://volksentscheid-fahrrad.de

Diese Pressemitteilung im Online-Bereich: https://volksentscheid-fahrrad.de/presse/pressemitteilungen/

Ansprechpartner für die Presse im Team Volksentscheid Fahrrad

Heinrich Strößenreuther, 0160-9744 2395, presse@volksentscheid-fahrrad.de

 

Über die Initiative Volksentscheid Fahrrad: Hinter dem Volksentscheid stehen Engagierte, Mobilitätsexperten, Demokratie-Retter und Fahrrad-Enthusiasten. Viele Verbände, Unternehmen und Wissenschaftler unterstützten das Anliegen, das Radverkehrsgesetz (RadG) schnell in Kraft zu setzen. Ziel ist, dass wir Berlinerinnen und Berliner sicher und entspannt Radfahren können; dafür hat die Initiative das Berliner Radverkehrsgesetz (RadG) erarbeitet. Nur mit dem RadG kann der Senat dauerhaft verpflichtet werden, schnell und aktiv eine gute Radinfrastruktur zu schaffen. Der 10-Punkte-Plan des geplanten Gesetzes benennt konkrete Maßnahmen, jährliche Zielsetzungen und eine Umsetzungsverpflichtung innerhalb von acht Jahren. Der Volksentscheid Fahrrad ist Berlins schnellster Volksentscheid: Der Antrag auf Einleitung eines Volksbegehrens wurde innerhalb von nur dreieinhalb Wochen von 105.425 Berlinern unterschrieben – 7% der Wählerstimmen. Die neue Koalition hat zugesagt, alle Ziele und Forderungen zu übernehmen, ein Mobilitätsgesetz auf Basis des RadGesetzes bis Frühjahr 2017 in Kraft zu setzen und ab 2018 jährlich mehr als 50 Mio. Euro in die Radwege zu investieren. Über 100 aktive Mitstreiter organisieren sich selbst durch Online-Projekttools und durch schnelle, handlungsorientierte Entscheidungsfindung. Der gemeinnützige Trägerverein Netzwerk Lebenswerte Stadt e.V. wurde gegründet und ermöglicht es der Initiative, Spenden entgegenzunehmen.


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