Update zur Automacho-Kampagne: Ein How-to Anzeigestellen

Von | 4. September 2017

Viele Kommentare zu unserer Petition auf change.org/automacho und Erfahrungsberichte von Radfahrenden mit Automachos beziehen sich auf die Frage des richtigen Umgangs mit diesen Vorfällen.
Unser Rat: Du wurdest von einem Automacho beleidigt, bedrängt, geschnitten, angepöbelt – lass das nicht auf Dir sitzen, erstatte Anzeige. Mit der Anzeige zeigst Du dem Automacho, dass sein Verhalten Folgen für ihn hat.

Wir haben ein How-to-Anzeige bei Beleidigung zusammengestellt, damit Du beim nächsten Mal gut gewappnet bist und nicht macht- und ratlos zurückbleiben musst. Ein ganz ähnliches Vorgehen gilt auch, wenn du dich bedroht, bedrängt oder anderweitig durch das Verhalten des Autofahrers gefährdet siehst.
P.S. Natürlich gilt dies nicht nur für weibliche Radfahrende.

Das illustrierte How-to findest Du auch nochmal hier.

Es ist strafbar, andere zu nötigen oder zu beleidigen, so viel steht fest. Das Strafrecht bietet ein breites Spektrum an Straftatbeständen zur Verfolgung aggressiven und gefährdenden Verhaltens im Straßenverkehr: Nötigung, Beleidigung oder Gefährdung des Straßenverkehrs, um die Wichtigsten zu nennen. Die Folgen reichen von einer Geldstrafe über den Führerscheinentzug bis hin zum Freiheitsentzug. Als Betroffene fehlt oft das nötige Wissen, was zu tun ist, und oft gibt es große Unsicherheit, was bei einer Anzeige auf eine*n zukommt.
Es ist wichtig, Anzeige zu erstatten, denn so gibt es die Chance, dass der Automacho mit seinem schlechten und gefährdenden Verhalten nicht einfach davonkommt. Wird er belangt, wird ihm beim nächsten Mal die Beleidigung nicht mehr so locker über die Zunge gehen. Und wenn doch, und wird er wieder angezeigt, zeigt er damit, dass er sich offenbar nicht unter Kontrolle hat. Bei einer Gerichtsverhandlung wirkt sich wiederholtes Verstoßen gegen Regeln und Gesetze auf das Strafmaß aus. So wird dem Automacho vielleicht sogar der Führerschein entzogen.

Was kann ich also tun, wenn ich beleidigt wurde?

1. Ich pöble nicht zurück, sondern bewahre die Fassung. Denn sonst kann der Automacho mich auch anzeigen.

2. Ich merke und notiere mir das Kfz-Kennzeichen. Im besten Fall mache ich ein Foto mit meiner Handykamera.

3. Ich versuche mir den Autofahrer anzusehen und mir sein Aussehen zu merken. Wenn die Möglichkeit besteht, mache ich auch ein Foto von ihm. In jedem Fall fertige ich so bald wie möglich im Anschluss ein Gedächtnisprotokoll an, notiere alles, was mir aufgefallen ist – Merkmale des Autofahrers, die Farbe des Autos, das Modell – sowie den Tathergang inklusive Orts- und Zeitangabe. Kommt es zur Gerichtsverhandlung, spielen diese Details eine wichtige Rolle für die Indentifizierung und Überführung des Täters.

Hintergrundinfo: Brauche ich (weitere) Zeugen? Zeug*innen sind immer gut, aber gerade im fließenden Verkehr ist es nicht einfach, mögliche Zeugen zu finden und anzusprechen. Vor Gericht geht der Richter, die Richterin grundsätzlich davon aus, dass ich die Wahrheit spreche, weil ich mich sonst selbst strafbar machen würde. Im Strafprozess wird die Anklage von der Strafanwaltschaft vertreten, als Betroffene bin ich also nicht Klägerin, sondern trete selbst als Zeugin auf. Das Prinzip Aussage gegen Aussage gilt nicht, es ist Aufgabe des Richters oder der Richterin über meine Glaubwürdigkeit und die des Angeklagten zu urteilen. Ein weiterer Zeuge ist also nicht notwendig.

4. Ich stelle Anzeige bei der Polizei. Dazu gibt es mehrere Wege. In Berlin kann ich dies auch einfach online auf der “Internetwache” tun (https://www.internetwache-polizei-berlin.de/). Oder ich gehe zur nächsten Polizeidienststelle oder erstatte postalisch Anzeige. Bei Anzeigeerstattung sollte mich die oder der Polizeibeamte danach fragen, ob ich einen Strafantrag stellen möchte, was ich bejahe.
Hintergrundinfo: Bei der Beleidigung handelt es sich um ein sogenanntes Antragsdelikt. Das heißt, Anklage wird nicht automatisch erhoben, sondern nur, wenn die Betroffene einen Strafantrag stellt. Anders verhält es sich bei Delikten wie der Nötigung oder der Gefährdung des Straßenverkehrs, diese werden “von Amts wegen” verfolgt und eine Anzeige genügt.

5. Warten auf die Polizeiermittlungen und die Staatsanwaltschaft:
Konnte der Halter des Fahrzeuges identifiziert werden, muss nun der Fahrer ermittelt werden. In Deutschland gilt keine Halterhaftung und theoretisch kann der Fahrzeughalter sein Auto an eine andere Person verliehen haben. Er kann es zumindest behaupten. Die Polizei wird mir zur Identifizierung des Fahrers Fotos vorlegen.
Streitet der Halter also ab, dass er gefahren ist, ist es wichtig, den Fahrer beschreiben und wiedererkennen zu können.
Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob sie das Verfahren wegen geringer Schuld einstellt oder weiterverfolgt.
Hintergrundinfo: Eine Einstellung kann erfolgen, wenn die Schuld des Täters als gering einzustufen ist und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Ein Verfahren kann auch gegen Zahlung einer Geldauflage oder ähnliches eingestellt werden. Spätestens bei wiederholten Verstößen kommt es dann zur Bestrafung des Täters, da die vorherigen Einstellungen bei der Staatsanwaltschaft vermerkt werden.

6. Kommt es zur Gerichtsverhandlung, muss ich als Zeugin auftreten. Da ich nicht die Klägerin bin, muss ich auch keine Verfahrenskosten tragen oder eine Anwältin oder einen Anwalt nehmen.

Das Stellen einer Anzeige macht also in jedem Fall Sinn. Der Beschuldigte bekommt mindestens eine Anzeige ins Haus und erfährt, dass sein Handeln Folgen hat.

Zusammen gegen #Automachos – Unterzeichne und verbreite die Kampagne unter change.org/automacho


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